Aber kennt ihr das?
Unerledigtes krabbelt an die Oberfläche und ich schäme mich, dass ich nicht gleich meinen Text fertigstelle, sondern vor mir herschiebe.
Erst als ich in unsere Gruppe schreibe, dass ich gerade nicht schreiben kann und den ersten Juni nicht einhalten werde, kommt eine Erleichterung. Und mir ging es nicht alleine so.
Denn vorher hatten schon zwei meiner Schreibfreundinnen ähnliches geschrieben.
Ich merkte das ich ihren Mut brauchte um auch mein Bedürfnis zu äußern. Ich schämte mich und dann
kam von Susanne eine Nachricht in unsere Gruppe und sie feierte das wir unseren Bedürfnissen Raum gaben.
So geht wohl Wandlung und Wachstum.
Heute Morgen sitze ich hier und es fließt, Worte finden ihren Weg, die vor ein paar Tagen noch meinem Mindfuck
zum Opfer gefallen wären. So schreibe ich jetzt mit offenem Herzen meine Einleitung.
Denn ja, ich hatte schon Text aufs Papier gebracht zu dem ich jetzt komme.
Sich zu öffnen, verletzlich und verwundbar zu zeigen, ist ein Schritt der mit vielen Gedanken und Gefühlen einher geht.
Einfach? Nein!
Aber hey, wir Schreibfreundinnen, sind nicht hier um an der Oberfläche zu dümpeln. Jede von uns hat dieses Gefühl von:
Na, kennst du das?
Scham ist vielfältig und wenn ich weit, ganz weit zurück denke ist die Prägung durch viele kleine Momente durchzogen.
Zu meiner Zeit gab es noch das in die Ecke stellen in der Schule – Schwups eine Runde schämen
vor versammelter Mannschaft.
Scham ist ein gesellschaftlicher Aspekt, den wir mitbekommen von klein auf an.
Aber niemand kommt mal auf die Idee einem zu erklären wie man damit umgeht. Also, so war es bei mir jedenfalls.
Somit hat die Scham freie Fahrt in dem Karussell des Lebens und macht es sich auf seinem Platz gemütlich.
Erinnert mich immer wieder an meine Fehltritte, peinlichen Momente und gräbt sich ein als Gefühl von:
„Du bist nicht gut genug! Oder „Du bist kein vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft.“ Oder, oder oder!
Für jeden von uns gibt es unzählig Erinnerungen und Momente.
Es prägt mein Verhalten, meine Ansichten und über Jahrzehnte hinweg hat es mich immer weiter von meinem Kern,
meinem Ich entfernt.
Scham bedeutet für mich Selbstschutz! Eine Mauer, eine Maske um ja nicht gesehen zu werden, den ich schämte mich.
Ich glaube das für mich schlimmste und am Ende einer langen Reise erleichtertste war folgendes:
Missbrauch an sich ist schon mächtig Scheiße. Ich will aber nur auf einen Punkt eingehen, der langfristig ein Muster
bei mir manifestiert hat.
Ich wurde immer stiller, die Lebensfreude und Offenheit versteckte sich in einer stillen Ecke. Warum, fragst du dich vielleicht. Weil ich dachte das jeder mir den Missbrauch ansehen würde. Ich wechselte Straßenseiten, wenn eine Gruppe Menschen zusammenstanden, denn sie könnten ja über mich reden. Mit dem Finger auf mich zeigen.
In der Schule war es genauso. Besser nicht auffallen, viel sagen, du könntest sonst im Mittelpunkt stehen.
Angesehen werden und dann könnte alle mein gefühltes Brandzeichen auf meiner Stirn sehen.
Irgendwann überkam ich diesen Rückzug. Ohne mir dessen bewusst zu sein, setzte ich eine Maske der:
„Mir kann keiner was! „Und Ich kann alles alleine“ auf. Jahrzehnte trug ich sie. Vor allem im Job.
Um die Scham was mir, mit mir geschehen war zu vergessen.
Ein Schutzmechanismus der mir half mein Leben so gut es ging zu Leben und zu lieben.
Schutzmechanismen erfüllen einen Sinn, hielten die Scham aber nicht für ewig auf.
Als ich anhielt vor nicht allzu vielen Jahren, merkte ich wie anstrengend es ist und wie müde ich war.
Zu erkennen das Scham allgegenwärtig ist und dass meine Eigene mir meinen Weg blockierte, gab es nur
einen Weg. Hinschauen! Eintauchen in die Erinnerungen und fühlen.
Nicht nur vom Kopf her erklären, sondern fühlen wie viel Trauer da ist. Sie bewusst machen und annehmen.
Schritt für Schritt die dazu gehörigen Glaubenssätze zu wandeln. Dinge, Worte nicht mehr persönlich zunehmen. Mir selber zu vergeben, oder auch klar zu sagen – Ja, dafür schäme ich mich zurecht!
Scham zu überwinden heißt für mich auch immer wieder aus meiner Komfortzone raus gehen. Das nervöse kribbeln im Bauch als Schmetterlinge anzusehen und sie fliegen zulassen.
Erst vor kurzem habe ich zwei Tage gebraucht um einen Text (der war leicht) und ein Bild zu posten von mir mit meinem Stoma im Urlaub. Ich fragte mich, warum möchtest du es machen und mein innerstes versah mich mit einem wundervollen, warmen Lächeln und sagte:“ Weil du Mut machen willst!“ Stimmt und das kann ich nur wenn ich meine Gedanken über Scham, die Fragen die als die üblichen Verdächtigen um die Ecke auftauchen, beachte und dann volle Kanne ignoriere!
Hier findest du die Texte meiner Schreibfreundinnen:
Evelyn Peters: https://www.evelyne-peters.at/wenn-die-scham-aufs-papier-tropft/
Susanne Öhlschlager: https://www.finde-deine-spur.com/wir-schreiben-gefuehle-2/
Alexandra Meier: https://www.alexandresk.de/bloghaus/die-schreibfreundinnen/schreibfreundinnen-wenn-die-scham-aufs-papier-tropft
Christine Ubeda Cruz: https://www.frauvommain.de/post/die-schreibfreundinnen-wenn-die-scham-nicht-auf-s-papier-tropft
Marion Völger: Blog folgt...